Leserin Brief auf „Wir haben das geschafft“ von Jan Feddersen taz 16.7.2022
„In dem Artikel beschreibt Jan Feddersen einen Teil der Emanzipationsbewegung homosexueller Männer. Die Emanzipation lesbischer Frauen, die nicht analog dazu verlief, wird in dem Artikel nicht erwähnt. Der Kampf um Freiräume und um die Möglichkeit und Macht der Eigendefinition des Begehrens und Liebens wurde von vielen Frauen jenseits der schwulen Emanzipationskämpfe geführt.
Jan Feddersen schreibt, dass seine Bekannte Trude, überfallen und versucht wurde ihre Handtasche zu stehlen dabei wurde sie auch transfeindlich beschimpft. Danach schreibt Feddersen einen Satz, nachdem ich mich zwingen musste weiterzulesen. „Trude war nämlich mal ein Mann“.
Wenn es Trude geht, wie es mir gegangen ist, war sie nie ein Mann. Meine Umwelt und Familie haben in mir einen Jungen gesehen. Ich war es aber nicht. Das ist ein großer Unterschied, der meisten von nicht-trans* Personen nicht verstanden wird.
Bereits Mitte der sechziger Jahre im Alter von 13, 14 Jahren wusste ich genau, dass ich kein Junge bin. Was folgte waren Jahre voller Hass und Gewalt. Hass und Gewalt von meinen Eltern und später, als ich mich endlich traute mich zu outen und zu zeigen von der Gesellschaft.
Ich sage heute als über 60-jährige Frau oft, dass mir das Transsexuellengesetz das Leben gerettet hat. Von Anfang an war es ein Kompromiss. Ich erinnere mich an die Debatte im Bundestag und die Argumentation der CDU, dass sich dann junge Männer zu Frauen erklären lassen, um nicht zur Bundeswehr zu müssen.
Das Niveau der Argumente die heute gegen das Selbstbestimmungsgesetz angeführt werden, bewegen sich in einem ähnlichen Bereich.
„Es geht um nicht unwichtige Fragen: Sind Frauen geschützt, die nicht möchten, dass Transfrauen, die einen Penis haben, ihre Räume benutzen (…)“
Um die Frage geht es beim Selbstbestimmungsgesetz gar nicht. Bereits im Januar 2011 wurde die Bestimmung aufgehoben, dass Menschen erst nach einer angleichenden Operation die Personenstandsänderung beantragen können.
Das was Jan Feddersen als berechtigte Sorge bezeichnet ist seit über zehn Jahren gelebte Praxis in Deutschland.
Zum Schluss des Artikels schreibt Jan Feddersen, dass er wenn er „mal einen Bodyguard-Service (brauche) auf Trude bauen“ würde, weil sie das Selbstbestimmungsgesetz ablehnt.
Mich hat damals niemand beschützt, als ich der Gewalt ausgesetzt war. Viele trans* Personen müssen bis heute leider die Erfahrung machen.“
Janka Kluge
(Vorstand dgti / Deutsche Gesellschaft Transidentität und Intersexualität)