Versagen mit Ankündigung
Kommentar zu der Querdenker Demonstration am 3.4.2021 in Stuttgart
Eigentlich war alles abzusehen, was an dem Tag in Stuttgart passiert ist. Die Querdenker Bewegung, vor einem Jahr in Stuttgart entstanden, ruft seit Wochen dazu auf in einer anderen Stadt eine Großdemonstration durchzuführen. Ihr Ziel, die angeblich diktatorische Regierung von Angela Merkel, zu stürzen.
In den ersten Meldungen sprach die Polizei davon, dass sie mit 5000 Teilnehmer:innen rechnen. Kurz danach hat die Polizei diese Prognose um die Hälfte reduziert. Jetzt sind sie nach offiziellen Mitteilungen nur noch von 2500 Menschen ausgegangen.
Bereits durch dieses Zahlen-Manöver der Polizei war die Richtung vorgegeben. Es werden nicht viele und wenn doch können wir sagen, wie überrascht wir sind.
Stuttgarts neuer Oberbürgermeister Frank Nopper betont, dass das Demonstrationsrecht ein hohes Gut ist, und dass Demonstrationen nicht so einfach verboten werden können. Das stimmt.
Die Kundgebungen und die Demonstration der Querdenker sind aber mit bestimmten Auflagen genehmigt worden. Sie hätten den Mindestabstand einhalten und Masken tragen sollen. Bereits bei der Auftaktkundgebung am Marienplatz war klar, dass die Querdenker nicht bereit waren die Auflagen zu erfüllen. Die Menschen standen dichtgedrängt ohne Masken. Der Polizei war es schon hier egal. Auch als die Menge in Richtung Innenstadt losgelaufen ist hätte die Polizei sie stoppen können und auf die Einhaltung der Auflagen drängen. Stattdessen haben sie freundlich darauf hingewiesen, dass die Auflagen gelten. Ein Hinweis, der den Querdenkern egal war. Da es für sie keine Pandemie gibt und alles eine Erfindung einer geheimen Macht im Hintergrund ist sind sie auch überzeugt sich nicht schützen zu müssen.
Mit gewohnter Härte ist die Stuttgarter Polizei dagegen, gegen antifaschistische Demonstrant:innen vorgegangen, die den Aufmarsch der Querdenker blockieren wollten. Zwei Blockaden von fast 300 Menschen wurden gekesselt und über Stunden festgehalten. Nach einer erkennungsdienstlichen Behandlung bekamen sie einen Platzverweis, der vorsorglich für die gesamte Innenstadt und den Cannstatter Wasen galt. So wollte die Polizei antifaschistischen Protest unterbinden. Im Internet kursiert jetzt der Witz, dass die Polizei in Stuttgart gegen mehr Menschen wegen der Blockaden ermittelt als gegen die, die gegen die Auflagen verstoßen haben. Leider ist es kein Witz.
Die Demonstrant:innen der Querdenkerdemo sind zu einem großen Teil mit öffentlichen Verkehrsmitteln in die Innenstadt gekommen. Bereits hier haben sie größtenteils keine Masken getragen. An allen anderen Tagen patrolliert Sicherheitspersonal der Verkehrsbetriebe in den Bahnen. Alle die keine Maske tragen werden ermahnt und wenn sie dann keine aufziehen, fliegen sie aus der Bahn. Wo war diese Konsequenz bei der SSB und der VVS. Waren wirklich alle im Osterurlaub, oder sind auch hier die Verantwortlichen eingeknickt.
Absehbar war auch, dass Stuttgart an dem Samstag zu einem Treffpunkt rechter Gruppen wird. Die JN, die Jugendorganisation der NPD hat schon vom Marienplatz aus getwittert, dass sie dabei sind. Auf dem Platz hing auch ein großes Transparent der Identitären Bewegung. Etwa 100 Hooligans haben sich genauso der Demo angeschlossen, wie Rechtsrocker, bei denen die Polizei Quarzhandschuhe beschlagnahmt hat. Diese Handschuhe werden nur bei Schlägereien benutzt.
Der Samstag in Stuttgart war ein Versagen mit Ansage. Nicht zu vermitteln ist auch, dass die Polizei kaum waren die Querdenker weg auf dem Schloßplatz wieder gegen Jugendliche vorgegangen ist, die zu nah beieinandersaßen, oder keine Maske getragen haben, oder aus mehr als drei Haushalten kommen. Wenn es nicht so traurig wäre, könnte es ein gutes Beispiel dafür sein, was alles schieflaufen kann. So bleibt nur zu hoffen, dass die Inzidenzzahl in Stuttgart nicht zu sehr in die Höhe schnellt. Aber auch das ist zu erwarten.
Kommentar vom 6.4.2021 in der Inforedaktion im Freien Radio für Stuttgart